Internationale Bauausstellung

Mit der IBA Stadtumbau 2010 knüpft Sachsen-Anhalt an berühmte Vorbilder an:
Die Tradition der Bauausstellungen, die immer wieder wichtige Impulse für die Entwicklung von Planen und Bauen gaben, begann schon Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Mathildenhöhe Darmstadt (1901) und die Weißenhofsiedlung Stuttgart (1927) sind Zeugnisse der Lebensreformbewegung bzw. des Neuen Bauens. Die Interbau 1957 präsentierte im West-Berliner Hansaviertel die „Stadt von morgen“. In den 80er Jahren propagierte die IBA in Berlin die behutsame Stadterneuerung. In den 90er Jahren rückte die IBA Emscher Park die Umgestaltung von Industriefolgelandschaften im Ruhrgebiet ins Blickfeld.

Mit der IBA Stadtumbau 2010 ist erstmals ein ganzes Bundesland Thema einer Internationalen Bauausstellung. Gleichzeitig mit der IBA in Sachsen-Anhalt finden zwei weitere Internationale Bauausstellungen in Deutschland statt, eine weitere in der Schweiz:

  • In der Lausitz begleitet die IBA Fürst-Pückler-Land bis 2010 den Struktur- und Landschaftswandel einer Braunkohle-Tagebauregion.
  • Und bis zum Jahr 2013 entwirft die IBA Hamburg im Süden der Hansestadt neue Möglichkeiten für die Metropole.
  • Die Internationale Bauausstellung IBA Basel 2020 stellt die grenzüberschreitende, trinationale Situation der Stadtregion Basel in den Vordergrund.

Internationale Relevanz der IBA Stadtumbau 2010

Schrumpfung ist kein neues Phänomen. Doch seit Beginn der Industrialisierung haben wir eine historisch einmalige Wachstumsphase erlebt, in der fast alles so gut wie immer wuchs: die Bevölkerung, die Wirtschaft, die Städte, der Wohlstand. Spätestens jedoch mit dem Bericht des Club of Rome „Die Grenzen des Wachstums“ 1972 und mit der Ölkrise 1973 wurde der Öffentlichkeit deutlich: Diese zweihundert Jahre währende Epoche könnte sich dem Ende zuneigen. Dreißig Jahre später ist aus dieser Vermutung Gewissheit geworden. Das 21. Jahrhundert wird vom Ende des außergewöhnlichen Wachstums gekennzeichnet sein.
Trotz rapider Urbanisierung in den Ländern des Südens verlieren bereits heute ein Viertel aller Großstädte auf der Welt Einwohner; die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass am Ende dieses Jahrhunderts nicht nur die globale Zunahme der Bevölkerung, sondern auch die Verstädterung weitgehend zu ihrem Abschluss gekommen sein werden.

In den 1990er Jahren scheute die Internationale Bauausstellung Emscher Park den Begriff der Schrumpfung noch und fasste den Strukturwandel unter dem Slogan „Wandel ohne Wachstum“. Gleichwohl hatten Städte wie Gelsenkirchen, Duisburg und Herne damals schon ein Fünftel ihrer Einwohner verloren. Doch auch wenn die Mehrzahl der Politiker das Wort Schrumpfung noch immer meidet, hat es sich während der letzten Jahre in der öffentlichen Debatte international etabliert. Bemerkenswert ist der Mut der Landesregierung Sachsen-Anhalt, sich dem Thema schon im Jahr 2002 offensiv zu nähern und ihm eine Internationale Bauausstellung zu widmen.

Die IBA Stadtumbau 2010 hat von Beginn an den Erfahrungsaustausch mit internationalen Partnern in den Bereichen Planung, Politikberatung und Demografie-Forschung hergestellt.  Dafür boten die Städtenetzkonferenzen und die Internationalen Kongresse der IBA kontinuierliche Plattformen. Das IBA-Büro hat durch die Vortragstätigkeit seiner Mitarbeiter sehr früh mit der internationalen Präsentation und Kommunikation der IBA Stadtumbau 2010 begonnen. So hat z.B. im Herbst 2003 der Präsident der Versammlung des ECTP (European Council of Town Planners), Charles Lambert, in Lissabon festgestellt, dass die IBA Stadtumbau 2010 mit ihren offensiven Strategien für schrumpfende Städte eine zu diesem Zeitpunkt wirklich brennende und neue Thematik auf die internationale Agenda der Stadtplanung setzt.

Im Jahr der Schlusspräsentation der IBA haben über 1.000 internationale Fachleute und internationale Journalisten die Ergebnisse der IBA Stadtumbau 2010 in der Überblicksausstellung „Weniger ist Zukunft“, im Rahmen von Vernissage und Finissage sowie in den Stadtpräsentationen vor Ort kennengelernt und rezipiert. Der internationale Erfahrungsaustausch wird auch nach dem Abschluss der IBA durch weitere Vortragstätigkeit, aber auch Exkursionen internationaler Partner nach Sachsen-Anhalt sowie die Kommunikation auf europäischer Ebene, u.a. im COST-Netzwerk anhalten.

Kritiker haben das Fehlen internationaler baulicher Beiträge, die frühere Internationale Bauausstellungen in besonderer Weise auch als internationale Leistungsschauen ausgezeichnet haben, in den Projekten der IBA Stadtumbau 2010 festgestellt und bemängelt. Dieses „Defizit“ ist weniger begründet in dem Umstand eines um eine Zehnerpotenz reduzierten Finanzierungsvolumens für die Umsetzung der IBA Stadtumbau 2010. Vielmehr erklärt es sich aus dem paradigmatischen  Programm, das Antworten auf das „Zuviel an Gebautem“ zu geben hat und mit ihren Ansätzen nicht länger auf „eventistische Architekturspektakel“ setzen kann, weil von ihnen keine nachhaltigen Effekte für die Stabilisierung und Entwicklung der als prototypisch verstandenen Klein- und Mittelstädte Sachsen-Anhalts zu erwarten ist.