Stadt und Fluss näher zueinanderbringen

Interview mit Dr. Annegret Laabs

„Kunst ist dazu geeignet, den Blick zu schärfen, einen Ort in einen neuen Blickwinkel zu rücken.“
Dr. Annegret Laabs, Leiterin des Kunstmuseums Kloster Unser Lieben Frauen Magdeburg

Ein Kunstprojekt „DIE ELBE [in] between“ Ihres Museums befasste sich in den Jahren 2006/2007 mit Magdeburgs großem Fluss, der Elbe. Eine naheliegende Idee?

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Dr. Annegret Laabs: Die Idee selbst, ein Projekt zur Elbe ins Leben zu rufen, ist alt. Als ich vor acht Jahren nach Magdeburg kam, fiel der Blick aus meinem Fenster – wie heute übrigens immer noch – auf den Fluss. Aber ich spürte: Die Elbe fließt zwar mitten durch die Stadt, aber die Magdeburger nahmen sie nur in geringem Maße wahr. Ich dachte: Stadt und Fluss müssten irgendwie näher zueinanderkommen – so wie in Dresden, wo ich ja herkam.

Das Hochwasser 2003 brachte einen Wendepunkt …

Dr. Annegret Laabs: … und die Elbe zurück in das Bewusstsein der Stadt. Von da an waren wir uns als Museum auch klar, dass wir uns dem Fluss mit Kunst und Kunstprojekten zuwenden müssen, die zudem deutlich über ein Event oder Festival für einen halben Sommer hinausgehen. Wir wollten etwas Dauerhaftes an der Elbe verankern. Es hat gebraucht, bis wir die Bundeskulturstiftung, die Ostdeutsche Sparkassenstiftung, Lotto Toto, die Kunststiftung Sachsen-Anhalt und viele kleine und weitere Finanziers für unsere Idee gewinnen konnten.

„DIE ELBE [in] between“ wurde zu einem Korrespondenzprojekt der IBA in Magdeburg.

Dr. Annegret Laabs: Die Zusammenarbeit lag einfach auf der Hand. Während unserer Arbeit merkten wir: Da arbeitet ja noch jemand am selben Thema. Und wenn man die Kräfte bündelt, können beide Seiten davon profitieren. So haben wir das 1. Symposium zum Kunstprojekt im Jahr 2006 gemeinsam mit dem Stadtplanungsamt Magdeburg veranstaltet und uns Finanzierung, Technik und Personal geteilt. Das hat wunderbar geklappt.

Zum Symposium luden Sie zwölf Künstler nach Magdeburg …

Dr. Annegret Laabs: Es waren Künstler aus verschiedenen Ländern, aber auch aus Magdeburg und der Region, deren OEuvre geeignet schien, sich mit einer Arbeit im öffentlichen Raum zu befassen. Während des interdisziplinären Symposiums tauschten sie sich mit Experten rund um das Thema Fluss und Flusslandschaft aus. Das waren Stadtplaner und Naturkundler ebenso wie Historiker und Philosophen. In Flussbegehungen machten sie sich mit der Elbe vertraut. Wir wollten damit eine erste Annäherung an das Thema Elbe und Kunst erreichen.

Das Ergebnis der künstlerischen Auseinandersetzung wurde im September 2007 mit der Ausstellung „Wasser. Ströme. Zeiten“ präsentiert, drei Arbeiten davon sind heute entlang der Elbe zu sehen.

Dr. Annegret Laabs: Leider konnten wir ja nur einen Bruchteil der zwölf Arbeiten verwirklichen. Über die freuen wir uns nun heute umso mehr. Das sind Ian Hamilton Finlays „Chrysalis“, eine bronzene Schiffsschraube, Gloria Friedmanns „Zeitzähler“ am elbnahen neuen Stadtplatz und Maurizio Nannuccis „Von so weit her bis hierhin, von hieraus noch viel weiter“, die Lichtinstallation an der alten Hubbrücke.

… die man von der im Rahmen der IBA neu gestalteten und nun wieder durchgehend öffentlich begehbaren Uferzone aus sehen kann. Als an jenem Tag im April 2008 das Licht für den Schriftzug eingeschaltet wurde, waren Hunderte von Magdeburgern auf den Beinen, um das Schauspiel am Fluss mitzuerleben. Ist es das, was Sie sich erhofft hatten?

Dr. Annegret Laabs: Kunst ist dazu geeignet, den Blick zu schärfen, einen Ort in einen neuen Blickwinkel zu rücken und sich mit den Lebenswirklichkeiten auseinanderzusetzen. Das ist zum einen mit dem „Zeitzähler“ am neuen Stadtplatz am Elbebahnhof gelungen, ein Standort, der in enger Zusammenarbeit mit dem Stadtplanungsamt Magdeburg gefunden wurde. Zum anderen hat Nannuccis Arbeit bewiesen, dass Kunst im öffentlichen Raum wunderbar funktioniert. Hier ist die Hemmschwelle für den Besucher ganz niedrig, man muss keinen Eintritt bezahlen oder in ein Museumsgebäude gehen … Insofern ist im Zusammenspiel mit dem Magdeburger IBA-Anliegen „Leben an und mit der Elbe“ aufgegangen, was wir uns mit unserem künstlerischen Beitrag für den besten Fall überlegt hatten: Die Menschen sind wieder an ihrem Fluss unterwegs.

Info: Magdeburg