Projekt Bernburg (Saale)

ZukunftsBildung – Lernen im Zentrum

In Bernburg (Saale) steht im Rahmen der IBA Stadtumbau 2010 die Bildung im Fokus – sie ist inhaltlicher und baulich-räumlicher Fokus der Stadtentwicklung im Innenstadtbereich. Ab dem Jahr 2010 soll in der historischen Bergstadt mit dem neuen „Campus Technicus“ und seinen rund 650 Schülern (Gesamtschülerzahl der Bernburger Sekundarschulen: rund 1000)  ein lebendiger Lern- und Stadtraum entstehen. Bereits jetzt hat die Musikschule in den Räumen des ehemaligen Schlossgefängnisses ihren Betrieb aufgenommen. Bernburg (Saale) hat den IBA-Prozess gemeinsam mit dem Salzlandkreis genutzt, um die lokale Bildungslandschaft mit zahlreichen Kooperationspartnern aus Wirtschaft und Kultur zu entwickeln.


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Bernburg war bis 1863 Residenzstadt der Herzöge von Anhalt Bernburg. Davon zeugt bis heute das Schloss hoch über der Saale, die „Krone Anhalts“, wo einst Till Eulenspiegel Turmbläser gewesen sein soll. 1883 wurden die Solvay-Werke eröffnet. Mit der Ende des 19. Jahrhunderts einsetzenden Industrialisierung verdoppelte sich die Einwohnerzahl nahezu und Bernburg war zeitweise die größte Stadt Anhalts. Während des Zweiten Weltkrieges blieben die Altstadtensembles in den beiden Ortsteilen – der Bergstadt und der Talstadt an der Saale – weitgehend erhalten. Zu DDR-Zeiten allerdings wurden sie zunehmend vernachlässigt. Viele Gebäude verfielen. Besonders katastrophal war der Zustand der Talstadt. Sie sollte für den Neubau eines Plattenbauwohngebietes  abgerissen werden, was durch die Ereignisse der politischen Wenden 1989/90 verhindert werden konnte. Seit Mitte der 1990er Jahre werden die historischen Kerne Bernburgs nun schrittweise saniert.

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Der Industriestandort Bernburg hat den wirtschaftlichen Strukturwandel nach der Wiedervereinigung vergleichsweise gut bewältigt. Traditionsunternehmen der Soda-, Zement-, Steinsalz- und Arzneimittelproduktion blieben erhalten und wurden umfassend modernisiert. Mit dem Bau der Bundesautobahn A 14 und der Bundesstraße B 6n konnte die Verkehrsanbindung der Stadt wesentlich verbessert werden. Zudem sind die Fachbereiche Landwirtschaft, Landschaftsarchitektur und Wirtschaftswissenschaften der Hochschule Anhalt in Bernburg ansässig. Die viel zitierten Perspektiven und Potenziale sind also durchaus vorhanden – sie zu vermitteln und für kommende Generationen er- und begreifbar zu machen, ist Schwerpunkt der IBA-Aktivitäten der Stadt rund um das Thema „ZukunftsBildung“.

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Im Jahr 2003 verließen fast 20 Prozent der Bernburger Sekundarschüler die Schule ohne Abschluss. Wirtschaft und Stadt, befürchteten einen zunehmenden Mangel an qualifizierten Nachwuchskräften. Die demografische Entwicklung könnte diesen Trend noch verstärken: Derzeit leben etwa 28 000 Menschen in der Kreisstadt des Salzlandkreises. 1995 waren es noch 36 000 – damit hat sich die Einwohnerzahl Bernburgs allein in den vergangenen 15 Jahren um mehr als 20 Prozent reduziert. Nur noch jeder zehnte Bernburger ist heute unter 15 Jahre alt. Besuchten im Schuljahr 1999/00 mehr als 4100 Schüler eine der damals noch 5 Sekundarschulen in Bernburg, so sank ihre Zahl innerhalb von 10 Jahren um mehr als 65 Prozent auf 1448 Kinder und Jugendliche. 2 Schulen wurden daher bereits geschlossen und Kindergärten zusammengelegt – von einst 21 Einrichtungen bestehen derzeit noch 15. Im  Jahr 2025 werden voraussichtlich 23 000 Menschen in Bernburg leben. Umso dringender erscheint es, den Bernburger Nachwuchs für die Zukunft zu qualifizieren.

Die Stadt hat sich in den vergangenen 5 Jahren gemeinsam mit Schulträgern, Pädagogen, Wirtschaftsvertretern sowie Stadtentwicklern auf die „ZukunftsBildung“ für Sekundarschüler konzentriert. Den Anfang bilden seit 2005 Angebote für sogenanntes „produktives Lernen“ mit Praxistagen in Unternehmen, um die Lernmotivation und damit die Ausbildungsfähigkeit der künftigen Schulabsolventen zu verbessern. Schließlich reifte die Idee eines Campus, der Zusammenlegung der drei verbleibenden Bernburger Sekundarschulen, verbunden mit der Entwicklung eines neuen Schulkonzepts. Sowohl Eltern als auch Lehrende standen dem Vorhaben zunächst skeptisch gegenüber:  Sie befürchteten eine Verschlechterung der Lernbedingungen durch die Fusion. Mehr als 40 Prozent der Schülerinnen und Schüler stammten aus den umliegenden Gemeinden und hatten gerade eine Schulschließung hinter sich. Deshalb war es entscheidend, dass sowohl Lehrende als auch Eltern und Schüler in die Erarbeitung des Schulkonzepts intensiv eingebunden wurden. Bis 2012 werden nun die 3 Sekundarschulen zur Ganztagsschule Campus Technicus verschmelzen. Für die Klassenstufen 7 bis 10 entstehen im Zentrum der Stadt neue Lehrgebäude. Nachdem das Gymnasium Carolinum und die Musikschule in der Bergstadt ihren festen Platz gefunden haben, rücken mit dem Campus Technicus auch Bernburgs Sekundarschüler vom Stadtrand ins Herz der Stadt und werden so das zukünftige Stadtbild prägen.

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Das Konzept der Ganztagsschule Campus Technicus, in der das praxisorientierte Lernen im Mittelpunkt steht, wurde von den Pädagogen der 3 Sekundarschulen gemeinsam mit der (Berufs-)Bildungsgesellschaft mbH Bernburg (BTZ) sowie dem Salzlandkreis im Austausch mit Eltern und Schülern entwickelt. Unterstützung erhielten die Beteiligten von der Jacobs Foundation und der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, die gemeinsam Modellprojekte für lokale Bildungslandschaften fördern. Seit August 2009 lernen die 5. Klassen als erste Gruppe der neuen gemeinsamen Ganztagsschule im Schulgebäude Tolstoiallee. Wenn diese Schüler 2011 in die 7. Klasse kommen, werden sie in ein erneuertes und erweitertes gründerzeitliches Schulgebäude am innerstädtischen Standort Leipziger Straße einziehen. Ab der 9. Klasse können sie dann neue Räume in der bis dahin sanierten und mit einem Neubau erweiterten denkmalgeschützten Handelsschule nutzen. Kern des Campus, der nach Entwürfen der Weimarer Architekturbüros Junk & Reich sowie Hartmann & Helm gebaut wird, ist das sogenannte Treibhaus, mit dem sich die neue Schule bewusst zur Stadtöffentlichkeit öffnen und Raum für Angebote ihrer Partner bieten will. Der transparente multifunktionale Bau mit Laboren und Werkstätten, mit Bibliothek, Mediathek, Mensa und Cafeteria soll offen sein für alle – Initiationsraum für schul- und generationenübergreifendes, buntes „Treiben“. Von hier aus sind auch die Kooperationspartner des Campus wie das Museum, das städtische Theater und die Musikschule zu Fuß gut erreichbar.

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Die Musikschule Bernburg hat im Frühjahr 2010 neue Räumlichkeiten im alten Gefängnisbau des Gerichtes, Teil des Bernburger Schlosses, bezogen. Umbau und Sanierung dieses Gebäudes bilden das zweite IBA-Projekt der Stadt Bernburg. Die seit 1994 und heute in Trägerschaft eines gemeinnützigen Vereins bestehende Musikschule gehört zu den wichtigsten Einrichtungen für kulturelle Bildung in Bernburg. Ihre Schülerzahlen offenbaren eine Erfolgsgeschichte entgegen der Schrumpfung: Kamen nach der Wende nur noch knapp 200 Schüler zum Unterricht, so nehmen derzeit mehr als 500 Bernburger das Angebot wahr. Und zu den Musikschülern zählen nicht mehr nur Kinder und Jugendliche – allmählich wächst auch der Anteil der Älteren.

Franziska Eidner, 2010

Präsentation 2010 in Bernburg (Saale)

Installation

Baustelle Campus Technicus, Käthe-Kollwitz-Straße 12-14

Gestaltung: Peanutz Architekten, Berlin

Weitere Bernburg-Bilder

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Info: Bernburg (Saale)