Projekt Aschersleben

Schnittstelle Durchfahrtsstraße

In Aschersleben soll realisiert werden, was in vielen schrumpfenden Städten nicht mehr möglich ist: eine entschiedene Schrumpfung von außen nach innen. Aschersleben soll der Prototyp einer Stadt werden, die ihren Schrumpfungsprozess planvoll gestaltet, die an den Rändern abreißt, während sie ihr städtebaulich wertvolles Zentrum aufwertet.


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Aschersleben, als die älteste Stadt Sachsen-Anhalts, besitzt als eine von wenigen Städten Deutschlands eine gut erhaltene Stadtbefestigungsanlage aus dem Mittelalter und eine weitgehend intakte Innenstadt. Schon um 1000 trug der Markt um die romanische Kirche städtischen Charakter.

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Ende des 19. Jahrhunderts erlebte Aschersleben in kurzer Zeit eine Entwicklung zur mittleren Industriestadt. Voraussetzung waren Braunkohlelager nördlich der Stadt und der Anschluss an die Bahn. Die wichtigsten Motoren, die zu dieser industriellen Blüte führten, waren die Werkzeugmaschinenfabrik Billeter und Klunz, die spätere VEB Werkzeugmaschinenfabrik Aschersleben WEMA, die zu DDR-Zeiten 25.000 Menschen beschäftigte und die Papierfabrik Bestehorn, die spätere VEB Optima. In den neunziger Jahren erfuhr Aschersleben wiederum einen abrupten Strukturwandel.

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Die Industrien, die sich seit dem beginnenden Jahrhundert strukturell kaum verändert hatten, mussten sich schlagartig neuen Bedingungen anpassen. Die Papierfabrik schloss ihre Tore. Die Werkzeugmaschinenfabrik konnte sich auf dem Markt behaupten und beschäftigt heute 350 Mitarbeiter. Einige neue Unternehmen für Vliesstoffe und Medizintechnik haben sich niedergelassen. Da die neuen Produktionsweisen jedoch weniger Beschäftigte erfordern, haben viele Einwohner die Stadt verlassen. Auch Suburbanisierungsprozesse beförderten die Schrumpfung. Von 32.500 Bewohnern im Jahr 1990 blieben 27.112 im Jahr 2008. Eine Prognose rechnet mit 22.266 Einwohnern im Jahr 2025.

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Aschersleben muss sich nun der größten Herausforderung an eine Strukturanpassung seit der industriellen Revolution stellen: Eine Stadt so umzugestalten, dass sie neuen Lebens- und Beschäftigungsmodellen und einer verminderten Bevölkerungszahl entspricht. Die IBA verfolgt dabei die Strategie einer Entwicklung von außen nach innen. Dies soll mit Akzenten auf den Themenfeldern Bildung, Wirtschaft und Gestaltung des urbanen Raums geschehen.

Im Kontext der IBA-Strategie wurden bisher 1.200 Wohneinheiten am Stadtrand abgerissen, während im Stadtkern saniert wurde und auf Brachengrundstücken in der Altstadt Neubauprojekte entstanden. Der bauliche Zustand des Stadtkerns konnte verbessert werden, obgleich punktuell selbst bei mittelalterlicher Bausubstanz noch heute erheblicher Bedarf besteht.

DRIVE THRU Gallery

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Eine besondere Problemzone bildet die Ortsdurchfahrt, wo sich drei Bundesstraßen, die B6, B180 und B185, kreuzen, die täglich 17.000 Fahrzeuge passieren. Wegen Verkehrslärms und Abgasbelastung waren hier Häuser brach gefallen und hatten den Stadtraum „ausfransen“ lassen. An- und Durchreisenden präsentierte sich die Stadt hier mit Baulücken und verrammelten Fenstern.

Eines der zentralen Ziele der IBA Stadtumbau 2010 in Aschersleben ist, diese Durchgangsstraße, die sich nördlich, östlich und westlich im Halbkreis um die Altstadt legt, vom Verkehrsslum zum „stabilisierenden Ring“ zu entwickeln.

Einerseits wurde hier aufgrund der enorm hohen Leerstandsquote von 75 Prozent an einigen Stellen abgebrochen, andererseits werden Blockkanten neu gefasst, indem Logistikfunktionen wie Einkaufszentren oder Automobilhäuser angesiedelt und Brachen für künstlerische Nutzungen mobilisiert wurden. Im Straßenabschnitt „Hinter dem Zoll“ wurde das Experiment der ersten „Drive Thru Gallery“ begonnen. Ziel war es, die Durchfahrt als öffentlichen Raum zu nutzen, mit Kunst und Kultur vor allem Jugendliche anzusprechen und in Aschersleben kreative Impulse zu setzen. Unter anderem wurden mit den „Hybrid Walls“ – haushohen Stahlrahmen, die mit entsprechend dimensionierten Folien bespannt wurden – Ausstellungen wie „Hitzefrei“ von Christopher Winter und „Feierabend“ von Andre Volkmann gezeigt.

Play VideoEine Lichtinstallation „Hinter dem Fenster“ illuminierte Fenster leer stehender Häuser. Und unter dem Titel „A Light Smell of French Fries“ wird an einem Parkplatz an der Steinbrücke gratis eine „Frittentanke“ betrieben – eine Küchenölsammelstation, die als Tankstelle dient. Die „Drive Thru Gallery“ wurde von der städtischen Öffentlichkeit stark aber auch ambivalent wahrgenommen. Es kam zu Debatten und nach der Vernissage von „Hitzefrei“ zu Fällen von Vandalismus. Anwohner nahmen an den Inhalten der Bilder Anstoß. Auch an der Verhältnismäßigkeit des Mitteleinsatzes für die Drive Thru Gallery angesichts der baulichen und sozialen Problemlagen in Aschersleben wurde Kritik geübt.

Blog zur DRIVE THRU GALLERY

Die Macher der DRIVE THRU Gallery

Die Künstler, Designer, Szenographen, Architekten und Musiker im Internet:

Bildungszentrum Bestehornpark

Play VideoEbenfalls am Ring gelegen, wird im IBA-Prozess die innerstädtische Industriebrache der Cartonagefabrik der Familie Bestehorn belebt und zum Bildungszentrum Bestehornpark entwickelt. An der Wilhelmstraße 22 wird das Hauptgebäude des Industriedenkmals zum Schulgebäude umgebaut und um einen modernen Anbau aus der Feder des Architektenbüros Arno Lederer ergänzt. Es entsteht ein Bildungscampus mit zwei freien Grundschulen, einer weiterführenden reformpädagogischen Sekundarschule mit den Schwerpunkten „Weltkunde“ und Fremdsprachen sowie einem Institut für Weiterbildung in der Kranken- und Altenpflege.

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Im Rahmen der Landesgartenschau 2010 werden die Freiflächen des Bestehornparks als Schulpark gestaltet, der das Bildungsgelände räumlich mit den umliegenden Quartieren verbindet. Im modernen Anbau wird zur Gartenschau die Blumenhalle ihren Platz haben, nach dem Großereignis soll er Raum für einen freien künstlerischen und musischen Unterricht bieten. Angebote von Drucken, Probenmöglichkeiten für Bands, Tanz und Theater sind angedacht. Im Erdgeschoss wird eine Mensa untergebracht sein, mit direktem Zugang zum Park.

Eine-Flusslauf

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Im südlichen Bereich wird der Ring um die Altstadt durch den Eine-Lauf geschlossen. An der Steinbrücke wurde der ehemals übertunnelte Flusslauf geöffnet und als Uferlandschaft mit Radweg gestaltet, die von den Bewohnern Ascherslebens gut angenommen wird.

Tina Veihelmann, 2010

Präsentation 2010 in Aschersleben

Ausstellung

Bildungszentrum Bestehormpark auf dem Gelände der Landesgartenschau, Haus A (Stammhaus)

Gestaltung: chezweitz & roseapple, Berlin

Die DRIVE THRU Gallery in Aschersleben

Ein Film von Henry Mertens, im Auftrag der IBA-Büro GbR, 2009 (Flash-Video, 5'18)

Weitere Aschersleben-Bilder

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Info: Aschersleben