„Großes Potenzial“ für Bildungsstandort

Interview mit Dr. Raimund Geene

„Stendal kann durch die Nähe von Stadt und ländlichem Umfeld mit seiner Natürlichkeit glänzen.“
Dr. Raimund Geene, Professor für Kindergesundheit an der Hochschule Magdeburg-Stendal (FH)

Was haben Sie als Kindheitsforscher mit der IBA-Stadtumbau und dem Thema „Zentraler Ort im ländlichen Raum“ zu tun?

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Prof. Dr. Raimund Geene: Die Hochschule Magdeburg-Stendal möchte an ihrem Standort Stendal die Kindheitswissenschaften nachhaltig etablieren. Das Lehrgebiet wirkt auf das regionale Umfeld; unsere Arbeitsergebnisse sollen spürbar sein. So ist es unser Ziel, dass die Hansestadt Stendal und ihr Umland eine kinderfreundliche Region werden.

Das klingt nicht danach, dass Sie den IBA-Prozess benötigten.

Prof. Dr. Raimund Geene: Die IBA ist Anlass und Rahmen, etwas weiterzuentwickeln und zu qualifizieren, was im Ansatz schon vorhanden ist. Die IBA hilft uns, die Bildungslandschaft zu verbessern, indem wir Schwerpunkte setzen. Und die Gestaltung einer lokalen Bildungslandschaft erfährt durch die IBA eine größere öffentliche Aufmerksamkeit. Wir haben traditionell gute Verbindungen zur Stadt, zum Jugendamt und zu den Kinderkrippen und -gärten. Beim Knüpfen eines ebenso guten Drahtes auch zu den Schulen war die IBA ebenfalls eine Hilfe.

Durch den IBA-Prozess werden im Allgemeinen neue Partner gefunden …

Prof. Dr. Raimund Geene: … und im Besonderen hat sich ein gutes Netzwerk herausgebildet, zu dem die Volkshochschule, die Berufsbildenden Schulen, die Kitas gehören, ebenso die Winckelmanngesellschaft mit dem Kindermuseum. Durch die Kinderuniversität kooperieren wir auch mit Schulen außerhalb Stendals. Die bisher schwierigere Vernetzung mit der Sekundarstufe, also den Schulen mit den Klassen 5 bis 12, wird jetzt leichter. Wohl auch ein Ergebnis der IBA.

Welche Potenzen sehen Sie am Bildungsstandort Hansestadt Stendal?

Prof. Dr. Raimund Geene: Das Potenzial ist riesig, vielleicht sogar größer als beim Tourismus. Stendal kann durch die Nähe von Stadt und ländlichem Umfeld mit seiner Natürlichkeit glänzen. Es ist ein guter Standort für Familien mit Kindern. Dieses Potenzial wurde nur noch nicht systematisch genutzt. Das ist zwar schwierig, aber möglich. Das Potenzial des Bildungsstandorts, dazu gehört auch die gute Erreichbarkeit der großen Städte Berlin, Hannover, Magdeburg und Schwerin, ins Bewusstsein zu rücken, ist auch eine Aufgabe im IBA-Prozess.

Stellte dafür die Arbeitsgruppe „Bildungsstandort Stendal“ in der IBAPlanungswerkstatt die Weichen?

Prof. Dr. Raimund Geene: Das Konzept „Bildungslandschaft“ ist ein zentrales Ergebnis. Die Arbeitsgruppe hat die Bedürfnisse der Akteure im Bildungs-Netzwerk aufgelistet. Daraus leiten sich Inhalte für die Bildungskonferenz als langfristigem Prozess ab, die sich zunächst mit den Übergängen zwischen Kita und Schule, Schule und Berufsausbildung sowie Schule und Studium befassen soll. Die Institutionen der einzelnen Stufen sind in ihren Inhalten und Methoden zu wenig aufeinander abgestimmt. Zur Profilierung des Bildungsstandortes gehört auch, die Denkweise in geschlossenen Systemen zu überwinden und sich als Institution zum städtischen Umfeld zu öffnen, einladend zu wirken.

Mit dem Angebot der Kinderuniversität gibt die Hochschule dafür ein Beispiel. Wen wollen Sie damit ansprechen, was erwartet die Teilnehmer?

Prof. Dr. Raimund Geene: Regelmäßig laden wir Acht- bis Zwölfjährige ein, die eine richtige Vorlesung erleben, in der sie aber zum Nachfragen und aktiven Mitwirken herausgefordert werden. Dabei geht es um Themen wie: Warum gibt es Geld? Warum haben wir Angst? Sind dicke Kinder doof? Mit der Kinderuni öffnen wir uns ausdrücklich für das regionale Umfeld. Wir wollen vor allem Kinder aus Familien erreichen, für die eine akademische Laufbahn eher nicht vorstellbar ist. Deshalb laden wir zielgerichtet auch Klassenverbände aus Sekundarschulen ein. Und uns Kindheitswissenschaftlern ist es wichtig, dass Kinder als sie selbst ernst genommen werden und nicht nur als zukünftige Erwachsene, die für diese Rolle geformt werden sollen.

Info: Hansestadt Stendal